Jugendherberge Düsseldorf

Interview mit Mirjana Kostic, Mitarbeiterin im Housekeeping

11. Juli 2022

Mirjana Kostic ist 47 Jahre alt, alleinerziehende Mutter von vier Töchtern (sechs bis 30 Jahre alt) und Großmutter von vier Enkelkindern. Die älteste Tochter ist bereits verheiratet, die zweitälteste Tochter hat Abitur gemacht und bewirbt sich aktuell um einen Studienplatz für Medizin in Wien. Die jüngste Tochter ist sechs Jahre alt und kommt im August in die Schule.

Frau Kostic, erzählen Sie uns ein bisschen über sich! Was hat Sie bewogen, Ihr Heimatland zu verlassen?

Ich bin im Jahr 2007 meinem Mann aus Serbien nach Deutschland gefolgt. Anlass der Übersiedlung unserer Familie war der Balkankrieg zwischen 1991 und 2001, der zum Zerfall des ehemaligen Jugoslawien führte. Wir haben als Familie ein komplett neues Leben begonnen, was uns viel Kraft gekostet hat. Eine fremde Sprache, keine Freunde und keine Verwandtschaft. Alles war anders als ich es gewohnt war. Aber ich musste nach vorne schauen, um für meine Kinder da sein zu können. Also habe ich einen sechsmonatigen Sprachkurs gemacht. Trotzdem war mein Deutsch noch sehr schlecht, als ich 2008 als Aushilfe in der Jugendherberge Düsseldorf angefangen habe.

Die Jugendherberge Düsseldorf hat 96 Zimmer mit 338 Betten, alle mit Du/WC – tatkräftig und engagiert unterstützt Frau Kostic das Team „Housekeeping“ seit 14 Jahren.

Wie und wann ist der Kontakt zur Jugendherberge Düsseldorf zustande gekommen?

Eine Bekannte, die in der Jugendherberge als Reinigungskraft arbeitete, hatte mir den Tipp gegeben. Ich habe mich vorgestellt und wurde zunächst als Aushilfe eingestellt. In 2009 erhielt ich eine Vollzeitstelle. Heute arbeite ich 130 Stunden im Monat, meist werktags von 9.00-15.30 Uhr, da ich ja meine sechsjährige Tochter betreuen muss. Aber natürlich springe ich auch an den Wochenenden ein, wenn ich gebraucht werde.

Mit nunmehr 14 Jahren gehören Sie sozusagen zur Stammbelegung.

Das stimmt! Ich habe verschiedene Hausleiter kennengelernt, viele Kolleginnen und Kollegen kommen und gehen sehen. Aber auch viele Gäste, die uns jedes Jahr ein- oder mehrmals geschäftlich oder mit ihrer Familie besuchen. Das ist besonders schön, zu erleben, wie aus den Kindern über Jahre kleine Erwachsene geworden sind. Die Zeit vergeht so schnell!

Welche Erfahrungen, welche Ausbildung haben Sie für den Job mitgebracht?

Ich war wegen meiner Kinder nie berufstätig, habe mich um den Haushalt und die Kindererziehung gekümmert. Eine Ausbildung habe ich nicht gemacht. Alles, was ich für den Job wissen und können musste, habe ich in der Jugendherberge Düsseldorf neu gelernt.

Wie sind Sie damals im Team von Ihren Kolleginnen und Kollegen aufgenommen worden?

Ich wurde damals sehr warmherzig aufgenommen und es herrschte eine gute Arbeitsatmosphäre. In den Pausen wurde viel Quatsch gemacht, aber auch geredet. Dadurch habe ich die Sprache ganz spielerisch nebenbei gelernt. Wenn ich Fragen hatte, die den Job betrafen, aber auch bei Behördenangelegenheiten, wurde ich stets tatkräftig unterstützt. Das ist auch heute noch so: Wenn jemand Probleme hat, dann helfen wir uns gegenseitig.

Wodurch zeichnet sich Ihr Team heute aus?

Wir sind im Housekeeping heute ungefähr acht Kolleginnen und Kollegen und jeder kann sich auf jeden verlassen. Aber auch mit den anderen Arbeitsbereichen wie der Rezeption und der Küche stehen wir in Kontakt und sprechen uns eng ab. Es gibt ein ganz starkes Zusammengehörigkeitsgefühl, schließlich ziehen wir alle an einem Strang. Wichtig war auch immer, dass wir uns hin und wieder privat treffen, z.B. mal zusammen in die Altstadt gehen oder Geburtstage zusammen feiern. Besonders schön ist, dass auch der Kontakt zu ehemaligen Kolleginnen und Kollegen weiterhin besteht. Wir sehen uns regelmäßig und bleiben so in einem regen Austausch. Das Kollegenteam gehört für mich sozusagen zur Familie.

Und dann kam Corona. Wie haben Sie die Pandemie persönlich erlebt? Im Beruf und zu
Hause? Welche neuen Herausforderungen galt es zu lösen?

Corona war ein richtiger Einschnitt. Die Jugendherberge wurde von heute auf morgen geschlossen. Ich ging für zwei Jahre in Kurzarbeit und bin erst seit Mai 2022 wieder voll in meinem Job. Darüber bin ich sehr froh, denn zwischendurch fiel mir die Decke auf den Kopf, aber es half ja nichts, denn ich musste mich um die Kinder kümmern, die ja zeitweise auch nicht mehr in die Kita und die Schule gingen. Eine Betreuungsalternative gab es nicht, da ich ja alleinerziehend bin.
Jetzt sind wir als Team wieder fast komplett, bis auf zwei Kolleginnen, die in Rente gegangen sind und einen Kollegen, der sich zum Busfahrer ausbilden lässt.

Wie sieht ein ganz normaler Arbeitstag aus? 

Morgens gegen 9 Uhr treffen wir uns im Team auf einen Kaffee und besprechen, was zu tun ist. Wir bekommen dann unsere Arbeitspläne, die wir bis zur Mittagspause abarbeiten. Da hat inzwischen jede und jeder seinen eigenen Rhythmus, sein persönliches Tempo und natürlich auch viel Routine. Trotzdem ist es körperliche Arbeit und anstrengend. Mittags um 12 Uhr treffen wir uns zu einem gemeinsamen Essen, quatschen viel und haben Spaß zusammen. Danach geht es für mich bis 15.30 Uhr weiter. Danach muss ich schnell nach Hause und die Kleine von der Kita abholen.
Ab August geht sie in die Ganztagsschule.

Was muss jemand mitbringen, der Teil eines Jugendherbergsteams werden möchte? Was sind die Voraussetzungen für Zufriedenheit und Spaß im Job?

Wenn man in einer Jugendherberge arbeitet, ist es von Vorteil, wenn man ein kommunikativer Mensch ist und gerne mit Menschen zu tun hat. Egal, ob es der Kontakt mit Gästen oder mit Kollegen ist, man sollte immer offen sein und ein Ohr haben für die Belange, Fragen und Wünsche der anderen. Gäste fragen nach dem Weg, dem Bahnhof, nach Öffnungszeiten und wir helfen, so gut wir können oder schicken sie zur Rezeption.
Natürlich muss man auch fleißig sein, die Routine hilft dabei seine täglichen Aufgaben zu erledigen. Schließlich kennt man nach Jahren die Abläufe, jeder Handgriff sitzt.

Sie haben ihren Kinder allen eine gute Schulausbildung ermöglicht bis hin zur Perspektive auf ein Medizinstudium. Wie gelingt Ihnen die Vereinbarung von Job und Kinderbetreuung. Wie unterstützt die Jugendherberge Düsseldorf Sie dabei?

Jammern nützt gar nicht. Wenn z.B. die Kleine, so wie in dieser Woche, früher aus der Kita abgeholt werden muss, weil Erzieherinnen ausfallen, dann bespreche ich das mit meiner Abteilungsleiterin. Dann gehe ich früher nach Hause und springe mal am Wochenende ein oder bleibe wann anders länger. Egal was ist, wir finden immer eine Lösung. Das schätze ich sehr. Ich bin froh, dass ich hier immer die Möglichkeit hatte und noch habe, Job und Familie unter einen Hut zu bringen. Ohne das Team und seine Unterstützung – ist das undenkbar.

Was sind die schönsten Momente bei der Arbeit?

Neben dem Spaß, den wir täglich im Team haben, ist es besonders schön, wenn sich Gäste, die wir auf dem Gang treffen, bei uns für unsere gute Arbeit bedanken. Es freut uns, wenn unsere Arbeit gesehen und anerkannt wird. Das spornt uns an!